DRGs

 
– der gläserne Patient?
– der gläserne Arzt?
– das gläserne Krankenhaus?

 

 


Ein Bericht von
Dr. Bernhard Scholz


 


Zur Person:

 

1978 – 80 kaufmännische Ausbildung („Stammhauslehre“) bei der Siemens AG

 

1980 – 86 Medizinstudium in Bochum

 

Seit 1986 Weiterbildung an den Kreiskrankenhäusern Freyung und Grafenau in den Fachabteilungen Anästhesie / Intensivmedizin und Chirurgie

 

1991 – 94 nebenberuflich Aufbau und Leitung einer Abteilungs-EDV für die chirurgische und innere Abteilung

 

1999 Facharztprüfung Chirurgie

 

seit 2000 DRG - Beauftragter der Kliniken des Landkreises Freyung-Grafenau gGmbH

 

Datenqualität

 

Grundlage eines diagnoseorientierten Fallgruppensystems sind die vom Arzt zu stellenden Diagnosen. In den refined DRG-Systemen kann durch die Auswertung aller angegebenen Nebendiagnosen und Prozeduren die individuelle Fallschwere medizinisch und ökonomisch berücksichtigt werden.

 

Die Qualität der medizinischen Dokumentation und der Verschlüsselung nach ICD und OPS ist dabei entscheidend für die Erlöse, aber immer auch ein Indikator für die Prozessqualität einer medizinischen Fachabteilung. Auf die standesrechtliche Verpflichtung zur Dokumentation und ihre forensische Bedeutung sei hier nur am Rande hingewiesen.

 

Die Motivation, den Behandlungsverlauf nicht nur zu dokumentieren, sondern auch zu verschlüsseln, ist oftmals problematisch, da das Kodieren mangels edv-technischer Ausstattung eine Zusatzarbeit darstellt und meist lediglich durch seine Erlösrelevanz begründet wird.

 

Das DRG-System verlangt vom Arzt primär nicht die Erhebung von Kostendaten (wie z. B. Arbeitszeit  und Materialeinsatz), sondern von medizinischen Daten (Diagnosen und Prozeduren) und teilt anhand dieser Angaben die Patienten Gruppen ähnlicher Krankheitsbilder zu. Vorausgesetzt, die vorhandenen ICD- und OPS-Kataloge würden alle wesentlichen Informationen, die im Verlauf der Behandlung anfallen, reproduzierbar abbilden, könnte bei einer vollständigen ICD- und OPS-Kodierung auf einen Großteil der herkömmlichen, in Prosa verfassten Patientendokumentation verzichtet werden.

 

Der einzelne Arzt entscheidet, ob er, abhängig von den zur Verfügung stehenden technischen Möglichkeiten (Formularwesen/EDV), die ohnehin zu dokumentierenden Behandlungsdaten von Anfang an in einer strukturierten Form erfasst. Er kann dadurch nicht nur die Voraussetzungen für die Entgeltermittlung, sondern gleichzeitig für eine zukunftsfähige Basisdokumentation im Sinne einer elektronischen recherchierbaren Patientenakte schaffen.

 

Wenn es gelänge, hier im Rahmen der bundesweit erfolgenden DRG-Einführung ein über die Krankenhausgrenzen und sogar über die Sektoren unseres Versorgungssystems hinausgehendes einheitliches, organisatorisch und datentechnisch leicht umsetzbares Datenformat einzuführen, könnte eine vielfältig nutzbare Datenbasis geschaffen werden. Hierzu gehört auch die Zusammenführung parallel verwendeter Diagnosen-, Prozeduren- und Gebührenordnungskataloge mit Einbindung sämtlicher Spezialschlüssel, z. B. AO- und TNM-Klassifikation zu einer einzigen, einheitlich formatierten „Kodierungssprache“.

 

Auch wenn bezüglich der Aussagefähigkeit der laufend verfeinerten Diagnosen- und Prozedurenschlüssel noch viele Wünsche offen sind, wir werden ohne derartige Kataloge in Zukunft nicht mehr auskommen, wobei die Verständigung auf eine Standardsprache die zeit- und personalaufwändige Parallelentwicklung und Pflege einer Vielzahl unterschiedlicher Kataloge und Softwareprodukte und die Schaffung einer noch größeren Zahl von Programmschnittstellen erübrigen würde.

 

Die korrekte und zeitsparende Verschlüsselung ist aber alles andere als selbstverständlich. Die zentral, z. B. vom DIMDI veröffentlichten und laufend angepaßten Kataloge müssen geeignet sein, alles das, was der Arzt ausdrücken will, auch reproduzierbar wiederzugeben, ein Code „sonstiges/nicht näher bezeichnet“ oder definitiv fehlende Codes oder unzureichende Genauigkeit sind nicht immer die Folge mangelnder Motivation des kodierenden Arztes sondern oftmals ein objektiver Mangel des aktuell vorliegenden Schlüsselverzeichnisses.

 

Eine computerunterstützte Kodierung ist m. E. ein Muß, um nicht viele Stunden Arbeitszeit mit dem Heraussuchen korrekter Schlüssel zu vertun. Hierzu gibt es inzwischen einige sehr leistungsfähige Computerprogramme (z. B. KODIP®, ID-DIACOS®, ICD-professional® u. a.) welche direkt in den Vorgang der Diagnosenerfassung am Computerarbeitsplatz des dokumentierenden Arztes integriert werden können oder Schlüsselverzeichnisse, die im Handheld-PC den Arzt begleiten (Softwareübersicht im Internet mit vielen weiteren DRG-relevanten Themen unter http://www.myDRG.de).

 

Der größte „organisierte Zeitfresser“ ist aber trotz zunehmend vorhandener EDV-Unterstützung in vielen Fällen noch die Doppelerfassung redundanter Daten, weil ein einheitliches Datenformat fehlt und Diagnosen und Prozeduren nicht zentral im Krankenhausinformationssystem (KIS) gehalten werden, sondern oft in einer Reihe von Subsystemen in unterschiedlichem Zusammenhang abgespeichert oder gar ausschließlich handschriftlich niedergelegt werden, manchmal als ICD- oder OPS-Code, manchmal auch nur als Freitext. Wenn dann bestimmte Diagnosen nicht miteinander übereinstimmen, wirft dies die Frage nach der Gültigkeit der gesamten Dokumentation auf.

 

Statt dessen müssten alle im Behandlungsverlauf gestellten Diagnosen grundsätzlich nur einmal strukturiert als ICD-Code erfasst werden und würden dann als Teil der KIS-Stammdaten zur Verfügung stehen.

 

Ich schätze, dass gegenwärtig bei mindestens 75% der Diagnosen der Standard-DIMDI-Katalogtext die gewünschte Information ausreichend wiedergibt.

 

In den restlichen ca. 25% der Fälle, in denen der DIMDI-Text zu ungenau oder zu allgemein gehalten ist, muss m. E. dem Arzt die Möglichkeit gegeben werden, die Schlüsselnummer und den Standard-Katalogtext um beliebige Details (Freitext, Kommentare) zu ergänzen. Hierfür genügt die Bereitstellung eines weiteren Feldes im Dokumentationsdatensatz. Die so z. B. im Laufe eines Jahres gesammelten Freitexte und Kommentare könnten dann die Grundlage für Ergänzungen des offiziellen Schlüsselverzeichnisses sein und bräuchten ab Inkrafttreten der nächsten Katalogversion nicht mehr individuell ergänzt zu werden.

 

Entscheidend für die Aufnahme neuer Schlüssel sollte sein, dass es sich um eindeutig definierte Begriffe handelt, auch wenn sie zum Beispiel nur von Spezialisten eines Fachgebietes verwendet werden. Auch Außenseiter-Methoden bzw. Verfahren der sog. Alternativmedizin könnten dann erfasst werden und sowohl medizinisch als auch kostenmäßig ausgewertet werden.

 

Die Datensätze im Format „Datum, Uhrzeit, Katalogversion, Schlüsselnummer, Standardkatalogtext, optionaler Freitext/Kommentar, elektronische Signatur des Arztes, Hyperlink (s. u.)“ wären sozusagen die kleinste universell verwendbare Informationseinheit medizinischer Daten.

 

Um diese Idee umzusetzen, bedarf es keiner komplizierten Software, es ist im Gegenteil eine große Vereinfachung, diese von Anfang an strukturiert erfassten Daten edv-mäßig weiterzuverarbeiten und gezielt Informationen wiederzufinden.

 

In Zeiten multimedialen Informationsüberflusses wäre eine zeitsparende standardisierte Darstellung des Behandlungsfalles realisierbar. Verknüpft über sogenannte Hyperlinks ließen sich, sofern unter diesen Voraussetzungen überhaupt noch erforderlich, die herkömmlichen Befundberichte und Arztbriefe, ggf. auch Bildmaterial, ergänzend abspeichern und wiederfinden.

 

Durch den Einsatz eines im KIS verfügbaren DRG-Groupers bzw. FP/SE-Managers ließe sich das ermittelte Entgelt nach jeder Änderung der Diagnosen-/Prozedurenliste aktuell per EDV ermitteln und anzeigen.

 

Auch wenn es dem gegenwärtig zunehmend beobachteten Vorgehen einer reinen „Erlösoptimierung“ (nur scheinbar) zuwiderläuft, es muss deutlich gemacht werden, dass auch in DRG-Zeiten ein korrekter ICD-Schlüssel eben nicht nur abrechnungsrelevant ist, sondern die ärztlich verantwortete Diagnose eines Patienten wiedergibt.

 

Wir Ärzte sollten daher die Verschlüsselung als Teil unserer Dokumentations- und Sorgfaltspflichten begreifen und darauf drängen, dass uns das DIMDI entsprechend seiner Tradition auch zukünftig qualitativ hochwertige Schlüsselkataloge zur Verfügung stellt, mit denen unsere Ansprüche an eine genaue medizinische Dokumentation erfüllt werden können.

 

Die gegenwärtige Gefahr, dass diese Kataloge zu einer Art Gebührenordnung verkommen, könnte abgewendet werden.

 

 

Datenschutz

 

Die Kostenzusage der Krankenkasse für die stationäre Behandlung eines Patienten setzt die Aufnahmeanzeige des Krankenhauses nach § 301 SGB V (früher RVO) voraus. Für die Aufnahmediagnose wird hierbei vom Krankenhausarzt der passende Diagnoseschlüssel (ICD) übermittelt, ebenso bei der Entlassanzeige die Entlassdiagnose.

 

§ 301 SGB V gültige Fassung (Auszüge):

 

 „...Krankenhäuser sind verpflichtet, den Krankenkassen bei Krankenhausbehandlung folgende Angaben maschinenlesbar zu übermitteln: ...

die Angaben nach § 291 Abs. 2 Nr. 1 bis 8“

 

(§ 291 Krankenversichertenkarte, Auszug:

„2. Familienname und Vorname des Versicherten,

3. Geburtsdatum,

4. Anschrift,

5. Krankenversichertennummer, ...“)

 

„sowie das krankenhausinterne Kennzeichen des Versicherten“...

„das Institutionskennzeichen des Krankenhauses“...

 „die Aufnahmediagnose, bei einer Änderung der Aufnahmediagnose die nachfolgenden Diagnosen“

 ...

„Datum und Art der im jeweiligen Krankenhaus durchgeführten Operationen und sonstigen Prozeduren

...

„bei Entlassung oder Verlegung die für die Krankenhausbehandlung maßgebliche Hauptdiagnose und die Nebendiagnosen“...

 

aus: http://www.sozialgesetzbuch.de/gesetze/sgbv/291.HTM und http://www.sozialgesetzbuch.de/gesetze/sgbv/301.HTM

 

 

Als ich 1986 als Assistenzarzt begann, reichte für diese Verschlüsselungstätigkeit das Nachschlagen in einem 6seitigen Faltblatt mit den 3stelligen ICD-9-Schlüsseln aus, die häufigen Ziffern konnte ich nach einiger Zeit auswendig.

 

Lediglich durch minimale Änderungen des Paragraphen 301 und durch entsprechende Veröffentlichungen im Bundesanzeiger wurde seitdem, begründet u. a. mit der Einführung der FP/SE, die Berichtspflicht schrittweise ausgedehnt: die vom DIMDI bereitgestellten Schlüsselkataloge wurden erweitert, aus den 6 DIN-A4-Seiten, die nur Fachpersonal zugänglich waren, sind mehrbändige Schlüsselwerke geworden, die jedermann im Internet einsehen kann (http://www.dimdi.de), zu den Diagnosen kamen die Prozeduren hinzu und in der gegenwärtigen DRG-Einführung wurde der vorläufige Gipfel der an die Krankenkassen zu übermittelnden Daten erreicht. Rationell ist der hiermit verbundene Aufwand nur noch durch computerisierte Verschlüsselungsprogramme zu bewältigen.

 

Von Januar 2001 bis April 2002 haben die Krankenkassen von rund 20 Millionen stationären Krankenhausfällen die gesetzlich vorgeschriebenen Daten (Datengrundlage für DRG-Einstieg = alle Diagnosen und Prozeduren je Fall) erhalten.

 

Das bedeutet, dass gegenwärtig eine vorher nie dagewesene Gesundheitsdatensammlung von ca. ¼ aller 80 Millionen Bundesbürger angelegt wurde und wird, allerdings nicht, wie es das DRG-System verlangt, zentral und anonymisiert bei der bis heute noch gar nicht existenten DRG-Datenstelle (des im Aufbau befindlichen InEK-Institutes), sondern dezentral bei den einzelnen Kassen jeweils patientenbezogen nach §301.

 

Im Gegensatz zu den in Archiven liegenden Krankenakten sind diese Daten wie gewünscht für Computersysteme hervorragend auswertbar, nicht nur für Abrechnungszwecke.

 

Während gerade im Zusammenhang mit der Überprüfung von Fehlbelegungsvorwürfen wiederholt darauf hingewiesen wurde, dass Krankenunterlagen ohne Einwilligung des Patienten nicht an Krankenkassenmitarbeiter geschickt werden dürfen, sondern ausschließlich an den MDK, wird von diesem Grundsatz bei der Übermittlung nach §301 abgewichen, obwohl, wie dargestellt, ein §301-Datensatz nach dem derzeitigen Verständnis erst dann vollständig ist, wenn er alle erlösrelevanten Daten der Krankenakte enthält und dies sind auch alle Nebendiagnosen und alle durchgeführten Untersuchungs- und Behandlungsverfahren.

 

Dies steht in deutlichem Widerspruch zum Bundesdatenschutzgesetz, siehe im Internet unter http://www.bfd.bund.de/information/bdsg_hinweis.html, was mich veranlasste im Mai 2001 einen offenen Brief an den Bundesdatenschutzbeauftragten (BfD) zu schreiben, s. unter http://www.drg-forum.freewebspace.com/jacob.htm. Darin habe ich darauf hingewiesen, dass unter DRG-Bedingungen der Datenfluss völlig anders als bisher ablaufen sollte.

 

Durch ausschließliche Übermittlung der DRG-Bezeichnung an die Krankenkasse könnte man, was den Umfang der medizinischen Information angeht, in etwa den Stand von 1986 erreichen. Da aber im Gegensatz zu 1986 heute die Übermittlung nicht schriftlich, sondern per Datensatz erfolgt, wäre bereits dadurch eine höhere Verfügbarkeit der Information gegeben, so dass über eine noch weitergehende Einschränkung des Zugriffs auf personenbezogene Behandlungsdaten nachgedacht werden sollte. Denn um die Abrechnung zu ermöglichen, reicht es aus, wenn personenbezogen der Krankenkasse lediglich der Rechnungsbetrag übermittelt wird. Um außerhalb des Durchschnitts liegende Abrechnungsunregelmäßigkeiten zu erkennen und darauf zu reagieren, reicht es m. E. aus, einen automatisierten zentralen Vergleich verschiedener Krankenhäuser untereinander (ohne Patientenbezug) auf Plausibilität, z. B. DRG-Profile, Fallschwere oder Verweildauer, durchzuführen. Dies wäre effizienter als die derzeitigen Einzelfallprüfungen.

 

Auch Auswertungen z. B. zum Risikostrukturausgleich (im Sinne von Rückversicherungsvertrag, nicht DMP) können sinnvollerweise nur zentral durch das DRG-Institut erstellt werden, nicht durch die Einzelkassen.

 

Inzwischen findet sich das Ziel einer „Abschottung der personenbezogenen Daten“ im Zusammenhang mit dem FPG auch auf der Tagesordnung des BfD, s. unter

http://www.bfd.bund.de/information/aktbuges010302.pdf. Eine Umsetzung in die Praxis, etwa durch substantielle Änderung des §301 oder eine Verpflichtung der Krankenkassen, die von den Krankenhäusern gelieferten Patientendaten anonymisiert zusammenzuführen und dann, so weit wie möglich, lokal zu löschen steht allerdings noch aus.

 

Durch die durchgängige Einführung von Fallpauschalen erübrigt sich m. E. die derzeitige Praxis der Krankenkassen, durch meist nachträgliche Einzelfallprüfungen zu versuchen, mittels Senkung der Verweildauern Kosten zu sparen. Die Verkürzung der Verweildauer wird durch DRGs zum Selbstläufer, wie die Erfahrungen aus anderen DRG-Ländern eindrucksvoll belegen.

 

Bei einer erwarteten durchschnittlichen Verweildauer von zukünftig 1 Woche pro Fall dürfte es den Krankenkassen nicht möglich sein, durch Prüfung der medizinischen Daten wirksam auf den individuellen Behandlungsfall Einfluss zu nehmen. Dieses ist und bleibt Aufgabe des behandelnden Arztes und so wünscht es im Regelfall auch der Patient.

 

Folgender Ablauf wäre m. E. praktikabel und datenschutzrechtlich unbedenklich:

 

Als ICD- und OPS-Code verschlüsselte Daten verbleiben ebenso wie Krankenunterlagen grundsätzlich im Besitz des Krankenhauses und unterliegen der ärztlichen Schweigepflicht.

 

Ein offiziell zugelassener Grouper wird bereits im Krankenhaus eingesetzt. Dadurch wird der Arzt noch während der Behandlung in die Lage versetzt, den individuellen Fall einzuordnen, um z. B. drohenden Überschreitungen der üblichen Verweildauer oder Abweichungen von empfohlenen Behandlungspfaden entgegenzuwirken. Dies erspart sowohl dem Krankenhaus als auch der Allgemeinheit Kosten und erhöht die individuelle Behandlungsqualität.

 

Bei Entlassung des Patienten liegen alle für das letztmalige Grouping notwendigen Daten vor, die DRG steht damit gemäß den von den Selbstverwaltungen vereinbarten Kodier- und Gruppierrichtlinien zweifelsfrei fest, so dass das Ergebnis auch durch ein erneutes Grouping bei der Krankenkasse nicht verändert werden kann.

 

Ebenso steht mit der so bestimmten DRG die Höhe des vorab in den Budgetverhandlungen beschlossenen Entgeltes zweifelsfrei fest und kann daher ohne erneuten Prüfungsaufwand der Kasse in Rechnung gestellt und von dieser bezahlt werden.

 

Zur internen Ablaufkontrolle sind folgende Maßnahmen denkbar:

 

Der Chefarzt bzw. sein Vertreter wird verpflichtet, zum Zeitpunkt der Entlassung des Patienten die ermittelte DRG schriftlich zu bestätigen, was er sinnvollerweise zusammen mit der Unterzeichnung des Entlassbriefes tut. Er übernimmt damit persönlich die Verantwortung für die Richtigkeit der Dokumentation. Vorausgesetzt, er kennt den Patienten z. B. von der letzten Visite, ist es für den Abteilungsverantwortlichen allein anhand der „sprechenden“ DRG-Bezeichnung möglich, die Plausibilität der richtigen Verschlüsselung zu erkennen, ohne die eventuell umfangreichen Rohdaten einzeln kontrollieren zu müssen.

 

Entsprechend einer oft erhobenen Forderung nach mehr Kostentransparenz bestätigt der Patient auf einem noch einzuführenden amtlichen Quittungsformular die Dauer und den Grund (DRG-Bezeichnung in allgemeinverständlicher Form) seiner stationären Behandlung, das Krankenhaus und den Rechnungsbetrag. Dieses Formular wird verpflichtend dem Patienten ausgehändigt zu seiner freien Verfügung. Er kann damit eine persönliche Krankenakte führen, die er nach eigenem Ermessen den weiterbehandelnden Ärzten zugänglich macht oder auch nicht. Anhand dieser „Quittung“ kann der Patient z. B. auch den weiterbehandelnden Arzt bevollmächtigen, Einsicht in die Entlassunterlagen zu nehmen. Eine Durchschrift des Formulars wird der Krankenakte beigefügt. Bei Zweifeln von Patient oder Kasse können die Rechnungsbeträge gegenseitig erfragt werden.

 

Würde man gar den Mut aufbringen, ein sektorenübergreifendes pauschaliertes DRG-System einzuführen, könnte auch Fehlbelegungsvorwürfen leichter nachgegangen werden. Abwanderungen von Leistungen aus dem stationären in den ambulanten Sektor oder umgekehrt würden durch die vergleichbaren Fallbeschreibungen im Gegensatz zum heutigen sektoralen System leichter nachvollziehbar, auch mit anonymisierten Daten.

 

Obwohl hier der einzelne Patient anonym bleibt, erhielte man durch die den Datensätzen zugeordneten Arzt- oder Institutskennzeichen eine nie dagewesene Transparenz des Leistungsgeschehens auch in Bezug auf das einzelne Krankenhaus bzw. den dokumentierenden Arzt, also die Grundlage eines „gläsernen Arztes“ und eines „gläsernen Krankenhauses“.

 

Ob und in welchem Maße hierbei die Verknüpfung zum datenliefernden Krankenhaus oder sogar zum einzelnen Arzt erhalten bleiben soll und damit auch ausgewertet werden kann, ist meines Wissens bisher nicht festgelegt worden. Auch hier ist zu prüfen, wie weit Auswertungen, z. B. Korrelation zw. eingesetztem OP-Verfahren und Verweildauer oder Häufigkeit von Komplikationen institutsbezogen oder nur anonymisiert erstellt werden sollten, bzw. wer Zugang zu den jeweiligen Daten erhält.

 

Die Beachtung der gemachten Vorschläge wäre ein Weg, einerseits den gläsernen Patienten zu vermeiden und andererseits die für wichtige Entscheidungen im Gesundheitswesen so dringend benötigten Daten in  höchstmöglicher Qualität zu gewinnen.

 

Fassung vom 17.3.2002 23:52

Bei Fragen bitte e-mail an dr_scholz_bernhard@hotmail.com

 

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